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Sieben Geschichten über das Wasser. Sieben Erzählungen über Menschen, die mit Wasser zu tun haben. Sieben europäische Zustände mitten im Prozess der Globalisierung. Und zugleich sieben uralte Wassernutzungen: Trinken, Gießen, Bootfahren, Fischen, Schwimmen, Taufen, Ernten. Verschüttete Weisheiten, die Wasser jedem mitteilt, der mit ihm in Berührung kommt. Gedreht an sieben ungewöhnlichen Orten in Schottland, Frankreich, Deutschland, der Schweiz und Spanien.

Whiskyhersteller, Pumpenbauer, Schleusenwärter, Fischer, Wassertechniker, Fährmänner und ein alter Olivenbauer erklären, wie sie mit dem Lebenselement umgehen. Sie erzählen von philosophischen Erkenntnissen, die ihnen das Wasser zuflüstert. Zwischen den sieben Geschichten entwickeln sich überraschende Verbindungen über die Grenzen hinweg und die lassen den aktuellen Diskurs über das Wasser als Ressource weit hinter sich.

1 – Wasser des Lebens

Whiskyhersteller auf der Hebrideninsel Islay suchen nach einer subtilen Balance zwischen Geschmacksnoten, die ihre Whiskys weltweit einzigartig machen: Ihr spezielles torfhaltiges Wasser, die salzige Brise vom Meer – das hat ihren Whisky berühmt gemacht. Die verlassene Insel am Rande Europas könnte Sinnbild der Verlorenheit sein – ein Idyll ohne Kontakt zur Gegenwart – in Wirklichkeit ist Islay aber global zum begehrten Markennamen avanciert.

Whisky-Legende Jim McEwan

Der einmalige Genius Loci und die alten Herstellungsverfahren stehen mit globaler Nachfrage nicht im Widerspruch. Ein seltener Glückfall der Vereinbarkeit von Manufaktur und Moderne, die zugleich fest in der Tradition des schottischen Kultgetränks verankert ist, ohne das auf Islay weder Taufe noch Beerdigung denkbar ist.

2 – Die letzten Mohikaner

In der Regel aber ist Globalisierung ohne Industrialisierung nicht zu denken, und dies bedeutet der Zwang zu Wachstum, Innovation, Rationalisierung und … Gleichförmigkeit. Einer, der dieser Regel mit charmanter Beharrlichkeit widersteht, fertigt im südfranzösischen Avignon immer noch Wasserpumpen und trotzt der globalen Konkurrenz.

Gérard Bouteiller ist der letzte Handpumpenfabrikant Frankreichs

Mithilfe von uralten halbautomatischen Drehbänken, denen nachgesagt wird, mit ihnen seien im amerikanischen Sezessionskrieg Granaten gefertigt worden, hält er Artikel bereit, ohne die der Gartenfreund nicht an das lebensnotwendige Grundwasser kommt. Gérard Bouteillers Betrieb konnte schrumpfen ohne unterzugehen, weil er sich nicht in die Abhängigkeit von Bankkrediten begeben hat. Man ahnt: Mit dem herrschenden Finanzsystem kann Europa seine Zukunftsaufgaben nicht bewältigen.

3 – Der Schnitt

Am alten Finowkanal hatte die Industrie nach 1989 nicht die Spur einer Überlebenschance. Deshalb muss für den alten Kanal, der früher einmal Deutschlands erste künstliche und vor gut einhundert Jahren wichtigste Wasserstrasse war, jetzt ganz schnell eine neue Aufgabe gefunden werden. Tourismus? Vielleicht. Eine einsame Schleusenwärterin und ein Kommunalbeamter mit Don Quichoteskem Kampfesgeist träumen in Eis und Schnee von einer mehr als prekären Zukunft und deuten in den verlassener Industriebrachen am Kanal Spuren und Zeichen der Vergangenheit. Eines ist ein verblüffendes Kunstwerk, ein Trompe-l’Oeil, das auf Zuschauer verzichtet, ein Beispiel des weltvergessenen Muts zur Selbstbehauptung.

4 – NASA

Nicht allzu weit entfernt hat ein Investor aus dem Fernen Osten die Zukunft der Spaßgesellschaft installiert. Mit konstanten 27 Grad versorgt eine riesige Halle ihre Besucher auch im Winter mit Tropenstimmung und konzentriert mit seiner Phantasielandschaft einen ganzen Kontinent auf Erlebnisbadformat. Hochmoderne Wassertechnik sorgt im Untergeschoss für die Aufrechterhaltung einer Illusion, aber ihre Techniker freuen sich über jede Havarie und das jähe Ende der Traumfabrik: „Nur die Havarie erlaubt uns, unsere Technik überhaupt kennen zu lernen“. Schöner kann man die Sehnsucht nach dem Systemkollaps als Chance der Erkenntnis nicht formulieren. Auf demselben Gelände waren einmal sowjetische Flugzeuge stationiert, bereit für den nuklearen Kriegseinsatz. In Brand erscheinen Geschichte und Zukunft in geradezu fratzenhafter Form, mal als Alptraum, mal als Chimäre: „NASA“, eine Raumstation für Wirklichkeitsflüchtige auf der Erde.

5 – Traktoren am Strand

Wem gehört der Strand? In Pirou am französischen Ärmelkanal ist der Revierkampf zwischen Arbeit und Freizeit, Produktion und Konsum ausgebrochen. Traditionell bringen dort die kleinen Fischer ihre Boote mit Traktoren zum Strand, um mit ihnen auf Fischfang zu gehen. Jetzt will man ihnen diesen Raum nehmen.

Ghislaine Lefeuvre, Geschäftsführerin eines kleinen Fischereibetriebs

Wie überall auf der Welt wollen Touristen auch noch diesen fast schon letzten europäischen Strand der Fischer für sich. Während weiter draußen die Industriefischerei dem Meer tonnenweise laichende Weibchen entreißt, müssen die kleinen Fischer um ihren Zugang zum Meer kämpfen.

Daniel Simonne, Fischer und Seenotretter.

Aber all dem zum Trotz fordert es wie zu allen Zeiten Menschenopfer und ein Seenotretter erlebt in der aufgebrachten See eine persönliche Tragödie. Wasser ist Leben – Aber Wasser ist auch der Tod.

6 – Verzell du das em Fährimaa

Wenn das Meer dem Lebensretter manchmal nur Leichen zu Bergen lässt, spült der Rhein dem Fährmann die ohnmächtige Frau wie ein Geschenk zu. Die Geschichte ihrer Rettung wird ihm zur Schlüsselerfahrung mit dem Lebenselement Wasser. Außerdem tauft er mit Rheinwasser, und streut die Asche der Verstorbenen in die leichten Wellen. Auf Basels Fähren hat die alte schweizerische Handelsstadt ihren spirituellen und kultischen Mittelpunkt. Ganz ohne Motoren lassen sie sich, an Seilen angehängt, von der Strömung von Ufer zu Ufer treiben. Auch nach 100 Mal Hin und Her ist ihr Co2 Ausstoß immer noch bei null. Und man erzählt sich hier Lebensgeschichten und vom Geheimnis der Verbundenheit, die nur das Wasser stiften kann.

7 – Das Gewitterkind

Das Gewitterkind war gerade zwei Wochen alt, als ein gewaltiger Regen 1921 das nordspanische Cadaqués verwüstete. Firmo Ferrer erinnert daran, wie das Dorf am Fuße steiler Berge seine Olivenhaine seit Jahrhunderten vor der Verwüstung durch Sturzregen geschützt hat. Und wie das Olivenöl seine Bewohner in der Nachkriegszeit vor dem Hungertod bewahrt hat. Hätten sie nicht in mühevoller Knochenarbeit Terrassen angelegt, der wenige Boden wäre längst ins Meer gespült. In Firmo Ferrers Leben stellten sich Arbeiten, für die es nie ein Business-Modell geben wird, als Notwendigkeiten dar.

Firmo Ferrer (1921-2018), Olivenbauer und Schriftsteller

Es ist eine Geschichte der Transformation: Von Wasser in Öl, so wie die erste Geschichte eine der Transformation von Wassermassen in kostbares „Wasser des Lebens“ war. Diese beiden Episoden rahmen ein Heptatychon ein, das mit über zwanzig faszinierenden Protagonistinnen und Protagonisten allen Zuständen des Wassers im Leben der Menschen eine Geschichte widmet. Dem Trinken – Gießen – Navigieren – Schwimmen – Fischen – Taufen – Anbauen. Zugleich erzählt Seven Waters von Zuständen eines Europa im globalen Wandel.

Director’s Statement

Was verbindet uns eigentlich noch miteinander? WhatsApp? Das Telephon? Die Autobahn? Im Dokumentarfilm Seven Waters geht es um ein Element, das die Menschen physisch mit allem verbindet, was lebt und sie darüber hinaus – nur wenigen ist das bekannt – auf geheimnisvolle spirituelle Weise zueinander in Beziehung setzt: Ein natürliches Internet. Die Protagonistinnen und Protagonisten von Seven Waters gewinnen ihre Überlegungen direkt aus dem Umgang mit dem flüssigen Element – Physik und Metaphysik sind für sie noch unmittelbar miteinander verbunden, das scheint auf den ersten Blick altmodisch und ist dabei doch, im 21. Jh., sehr avantgardistisch.

Tags: Umwelt – Kultur – Europa – Wasser – Globalisierung – Spiritualität

93 Min.; Farbe; Format 16:9; DCP. Versionen: deutsch, englisch, französisch.
© Eberhard Spreng

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